Performance

sieben herzstücke, duo mit stina bollmann, kampnagel hamburg 1996
Susanne Brians Performances kreisen bevorzugt um archetypische Motive. In Kaspar geht es um die Einsamkeit eines Menschen, dem Worte und selbst die Bewegungen des eigenen Körpers fremd sind und der darum kämpft, sich das Unbekannte anzueignen. Undine geht erzählt von der unstillbaren Sehnsucht nach wahrhafter Begegnung zwischen Mann und Frau. In Just Visiting This Body wird das Phänomen Angst durchleuchtet, durchlebt und verwandelt, um die der Angst innewohnende Kraft freizusetzen. Man’s Striptease hat das Androgyne im Menschen zum Thema und in Die Tür Im Rücken werden Gewohnheiten ins Extrem getrieben.
 
In der Umsetzung dieser Motive bedient sich Susanne Brian der Sprache des Körpers und der Stimme mit grosser Schlichtheit und zugleich Komplexität des Ausdrucks. Ihr Anliegen ist es, poetische Räume zu kreieren. Dabei verzichtet Susanne Brian weitgehend auf technische Mittel und verwendet, wenn überhaupt, dann selbst produzierte Geräusch-, Ton- und Gesangsaufnahmen. Oder sie erzeugt ihre „Musik“ live. Kontinuierlich hat sie hierzu die Arbeitsmethode zur kreativen Entfaltung der menschlichen Stimme – „Authentic Voice“ – weiterentwickelt.
Ihre energetisch hoch konzentrierten Performances haben häufig rituellen Charakter und vermitteln darin (teils irritierende) Begegnungen mit dem Fremden, dem Unbewussten, dem Archaischen. Die Aufmerksamkeit gilt dem transformativen Prozess in einer Synthese von Kreatürlichkeit und ästhetischer Form, die in ihrer subtil sensiblen Durchlässigkeit die Zuschauer an die eigene Verletzlichkeit erinnern möchte und sie mit einem ursprünglichen, oftmals verschütteten Wissen um die eigene Existenz in Berührung bringt. Eine tiefe und genaue Recherche zeichnen diese Arbeiten aus, die bei aller Ernsthaftigkeit durchaus Leichtigkeit und Humor ausstrahlen.

Irmela Kästner
, Tanzjournalistin für „Die Welt“ u.a., über die Performance-Arbeit von Susanne Brian (1990 - 2003)
Hamburg 1996